Erntereise Oktober 2024
Dieses Jahr gehe ich bereits am Donnerstag, 17. Oktober los. Mit dem Zug von St. Gallen nach Napoli in gut 10 Stunden.... Ab Milano sitze ich in der Frecciarossa, ein Schnellzug, der nur noch in wenigen Städten Halt macht und mit bis zu 300 km/h durch Italien braust. Eine echt gute Alternative zur Reise mit dem Flugzeug. Nach einem gemütlichen Abend in Napoli und dem obligaten Cappuccino mit Sfogliatelle am Morgen danach geht es mit dem Mietauto nach Cancellara.
In Cancellara angekommen treffe ich Pietro in der Ölmühle. Heute läuft die Ölmühle, dies wird aber in den nächsten Tagen nicht oft der Fall sein... aber dazu später mehr. Pietro hat bereits einige Pressungen bereitgestellt, die wir dann am Nachmittag zusammen degustieren und darüber fachsimpeln. Insgesamt degustieren wir sieben feine Olivenöle. Die Qualität ist sehr gut und es sind wirklich charaktervolle Öle. Entscheiden kann und will ich mich jedoch noch nicht und so nehme ich mir etwas Zeit und installiere mich in meiner Unterkunft im Dorf. Francesco vom B&B informiert mich, dass von abends 18.30 Uhr bis morgens um 06.30 Uhr das Wasser abgestellt wird. In der Basilikata hat es seit Ende Mai nie mehr richtig geregnet. Auch der Winter 2023/2024 war sehr niederschlagsarm. So sind nun alle Wasserspeicher in der Region sehr tief und es muss Wasser gespart werden. Jetzt denken sie wahrscheinlich wie ich, aber nachts wird ja sehr wenig Wasser verbraucht... Das ist so, aber die Verluste in den maroden Wassersystemen der Region sind so hoch, dass wenigstens diese dann eingespart werden können.
Am nächsten Morgen degustieren wir die Olivenöle noch einmal und ich entscheide mich für eine Pressung, die wir als Angeli Berg-Olivenöl NUOVO frisch ab der Presse abfüllen wollen. Die Abfüllung müssen wir jedoch noch etwas verschieben, denn es steht ein Besuch bei einem Onkel von Luciana (der Ehefrau von Pietro) an. Dort ist gefühlt die halbe Familie damit beschäftigt, den selber gemachten Wein von der Maische zu trennen. Für den Wein haben sie Aglianico Trauben eingekauft und diese dann selber vergoren. Aglianico ist eine autochthone Traube aus der Basilikata, die in der ganzen Region angebaut wird und die vor allem im Gebiet rund um den Vulkan Vulture teilweise wirklich spannende, charaktervolle Weine hervorbringt. Wenn ich hier bin geniesse ich es jeweils, diesen kräftigen, würzigen Wein in den verschiedensten Ausprägungen zu geniessen.
Endlich. Am Sonntag regnet es endlich wieder einmal ausgiebig. Mir wird einmal mehr bewusst wie selbtsverständlich es für uns ist, dass wir einfach immer Wasser haben, welches sogar in Trinkwasserqualität aus dem Wasserhahn kommt. Ich kann mich erinnern, dass mir Pietro, angesprochen darauf ob sie immer genügend Wasser hätten, noch vor etwa 3 Jahren gesagt hat, das sei in der Basilikata überhaupt kein Problem. Sie seien ja in den Bergen und bei ihnen regne es immer genug... es kam anders. Wir machen uns daran, das NUOVO fertig in Flaschen abzufüllen bevor wir dann zum üppigen Sonntagsmittagessen zu Pietro gehen. Nonna Carla und Nonno Donato sind ebenfalls am Mittagstisch und wir geniessen das Festessen.
Dieses Jahr besuchen mich zwei Kollegen aus der Musikgesellschaft Neukirch-Egnach mit ihren Frauen. Da Pietro die 3-Liter Bidons nicht geliefert bekommen hat, möchte ich am Montag nach Bari fahren um diese dort abzuholen. Schon unterwegs, ruft mich Pietro jedoch an, dass die Bidons nun doch am Folgetag geliefert würden. Also mache ich Planänderung und treffe meine Kollegen bereits um 11 Uhr in Matera. Nach einer interessanten geführten Tour durch die Sassis in Matera geniessen wir ein feines Mittagessen in der Sonne. Wir schlendern noch etwas durch die Gassen von Matera, bevor ich mich dann im späteren Nachmittag wieder auf den Weg nach Cancellara mache.
Nachdem die Bidons am Dienstag dann wirklich eintreffen, füllen wir sofort unseren Bedarf ab. Danach treffe ich mich mit Pino. Wir degustieren verschiedene feine neue Produkte, welche u.U. das Angeli Sortiment ergänzen werden. Entscheid ist noch keiner getroffen, das braucht noch etwas Zeit und noch die eine oder andere Degustation... Wir halten euch auf dem Laufenden. Später treffen dann meine Freunde, Christine, Markus, Edith und Heribert in Cancellara ein und wir beschliessen den Tag mit einem typisch lukanischen Nachtessen im benachbarten Oppido.
Zum Frühstück treffe ich mich am Mittwoch mit meinem Besuch in deren B&B. Antonia hat einen üppigen Frühstückstisch gedeckt und plaudert mit ihren Schweizer Gästen, obwohl diese eigentlich kein Wort Italienisch sprechen. Aber mit Hilfe von Händen und Füssen verstehen sie sich bestens :-) Glücklicherweise hat Pietro die Mühle an diesem Tag in Betrieb und ich kann meinen Freunden einen interessanten Einblick in die Verarbeitung der Oliven zu feinstem Olivenöl geben. Den Abschluss macht die Degustation des feinen Olivenöl frisch ab der Presse. Beeindruckt von der Qualitätsarbeit die Pietro hier vollbringt, machen wir uns auf zu dem Olivenbauern Saverio in Oppido. Saverio zeigt uns seinen jungen Olivenhain, den er vor 3 Jahren neu angepflanzt hat. Er erzählt uns über seine innovative Arbeit und wie er immer Neues ausprobiert. So hat er diesen Hain mit der Olivensorte Lecco del Corno bepflanzt. Diese soll resistent oder mindestens nicht so anfällig auf das Xylella Bakterium sein welchem vor allem in Apulien schon unzählige Haine zum Opfer gefallen sind. Einmal befallen von diesem Bakterium gibt es bis jetzt kein Gegenmittel und der Baum resp. meistens der ganze Hain muss gerodet und verbrannt werden. Ausserdem führt Saverio aus, wie er mit biologischen Mitteln gegen die Olivenmücke vorgeht, welche auch hier immer öfter zum Problem wird. So spritzt er beispielsweise seine Oliven mit einem Steinpulver, welches die Farbe der Olivenblätter verändert und die Olivenmücke den Baum nicht mehr als Olivenbaum erkennen lässt. Ausserdem wird die Oberfläche der Frucht (Olive) schmierig und das Mückenweibchen rutscht beim Versuch, die Olive anzustechen und ihre Eier darin abzulegen, ab. Es ist sehr spannend Saverio zuzuhören und zu spüren, mit welchem Herzblut er Oliven und Anderes kultiviert und eine unglaubliche Zufriedenheit dabei ausstrahlt. Selbstverständlich sind wir bei Saverio auch zum Mittagessen eingeladen. Es gibt Pizzastücke und dazu den selber gekelterten Wein aus den eigenen Aglianico- und Merlot-Trauben.
Der letzte Tag meines Besuchs in Cancellara beginnt wie eigentlich immer mit dem obligaten Kaffee mit Pietros Freunden in der Bar. Danach gehe ich mit meinem Besuch nach Oppido, wo wir Nicola und Antonio in ihrem Olivenhain antreffen. Ich kenne die Zwei nicht aber wir werden herzlich willkommen geheissen und die Aufgaben werden umgehend verteilt. Der Besuch aus der Schweiz soll heute einen Eindruck von der strengen Handernte der Oliven erhalten... und so ist es denn auch. Bei schönstem Wetter legen alle Hand an und die wenigen Oliven, die an den Bäumen hängen purzeln in die Netze von wo aus sie dann in die Kisten gepackt werden. Die Arbeit ist streng aber macht allen sichtlich Spass. Nach dem einfachen Mittagessen unter den Olivenbäumen mache ich mich dann auf nach Napoli. Am nächsten Tag reise ich, müde aber sehr zufrieden und wieder mit vielen unvergesslichen Erinnerungen nach Hause.